24.07.2021

#6 Fast dabei bei unserer Multischulung - Umwelt und Nachhaltigkeit

Was hat persönlicher Wachstum mit Umwelt zu tun? Und wie können wir unseren Wachstum mit einem nachhaltigen Lebensstil in Einklang bringen? Das waren die zentralen Fragestellungen unserer letzten inhaltlichen Sitzung der Multischulung. Lest hier, welche Antworten wir für uns gefunden haben.

Denke einmal selbst für dich nach: Was ist deine persönliche Geschichte des Wachstums? In welcher Situation bist du gewachsen? Für einige von uns Teilnehmer:innen sind es die eigenen Kinder, an denen man gewachsen ist; die erste Klasse, die man als junge Lehrerin zum Abschluss begleitet hat und der man beim eigenen Wachsen zugesehen hat oder Reisen und lange Aufenthalte in fremden Ländern, auf die man sich einlassen kann und muss. Mir ist meine Zeit an der Uni eingefallen. In den Jahren seit meinem Abitur bin ich sehr stark persönlich gewachsen, habe durch mein Studium und den Austausch mit vielen verschiedenen Menschen, Haltungen und Werte entwickelt, die ich jetzt stark vertrete.

Nachdem wir alle unsere persönlichen Wachstumsgeschichten im geschützten Raum laut ausgesprochen haben, sollten wir in Kleingruppen tiefer in die Thematik einsteigen und für uns definieren, was persönlicher Wachstum bedeutet. In meiner Gruppe einigten wir uns darauf, dass Wachstum für uns durch Erfahrung passiert. Dabei hat jede Erfahrung das Potenzial Wachstum entstehen zu lassen, aber nicht jede tut es auch. Die Erfahrung bringt mehr “Ich”, die Persönlichkeit differenziert sich immer weiter aus. Andere Gruppen fügten hinzu, dass Wachstum auch Souveränität bringt, wenn man Fähigkeiten ausbaut und merkt, dass man gewissen Situationen gewachsen ist. Und wir waren uns einig, dass uns immaterielle Werte mehr wachsen lassen als Materielles.

Mit den nächsten Fragen schuf unsere Referentin Lisa die Verbindung zu unserem großen Thema “Umwelt und Nachhaltigkeit”: “Welche Umweltressourcen braucht Ihr für Euer (persönliches) Wachstum? Wäret ihr bereit im Sinne der Schonung von Ressourcen auf Euer persönliches Wachstum zu verzichten?”.

Schnell kam auf, dass wir alle es schwierig finden auf Dinge zu verzichten, die uns Wachstum bringen können. Zum Beispiel auf das Fliegen, um in anderen Ländern den eigenen Horizont zu erweitern oder auf Infrastrukturen wie Strom, Internet, Technologie, die uns aktuell das Studium und die Arbeit ermöglichen. Wir haben festgestellt: Für uns ist es dennoch einfacher auf materielle Dinge zu verzichten, als auf immaterielle oder auf Materielles, was uns immaterielle Erfahrungen ermöglicht, eben wie das Fliegen oder die Uni.

Egal ob die Produktion von materiellen Gütern oder die immaterielle Erlebniswirtschaft, die unser persönliches Wachstum fördert, alles hängt zusammen mit dem vorherrschenden Kapitalismus in unserer Gesellschaft. Aber wie unterscheidet sich unser Verständnis von persönlichem Wachstum von dem Prinzip des Wirtschaftswachstums? Wieder stellten wir hier Immaterielles und den Materialismus und Konsum des Kapitalismus gegenüber sowie Qualität und Quantität. Denn für unser persönliches aber auch geteiltes Verständnis von Wachstum waren qualitative Erfahrungen wichtiger als die pure Quantität der Erfahrungen. Wir sprachen aber auch darüber, dass das Konzept des persönlichen Wachstums für einige Menschen außerhalb unserer recht homogenen Gruppe, vielleicht dem des Wirtschaftswachstums gar nicht so unähnlich ist: Finanzieller Wachstum, das Streben nach Wohlstand und Statussymbole.

Lisa gab uns zum Abschluss noch drei Ansätze für eine andere Ökonomie und Gesellschaft mit auf den Weg. Alle drei auszuführen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, aber ich werde exemplarisch einen anreißen: den der “Donut-Ökonomie”, beschrieben von Kate Raworth in ihrem gleichnamigen Buch. Die Autorin geht davon aus, dass es gesundes Wachstum gibt, das zu einer Blütezeit führt, und schädliches Wachstum, das immer und immer weiter gehen soll - und so zur Krankheit führen kann. Lisa verglich es mit dem Körper - wir wachsen nicht stetig weiter, sondern im Normalfall nur bis wir unsere Größe erreicht haben. Wachsen Zellen einfach immer weiter, kann Schlechtes in Form von Krebszellen entstehen. Gesundes Wachstum ist also endlich. Die Ökonomie sollte nach Raworth regenerativ und distributiv sein sowie sicheren und gerechten Raum für die Menschheit lassen.

Eine sogenannte “ökologische Decke” sollte immer mitgedacht werden, sodass man vor äußeren Einflüssen der Klimakrise geschützt ist. In der Gesellschaft ist ein Fundament der menschlichen Bedürfnisse wichtig: die materiellen Lebensgrundlagen, aber auch Immaterielles wie Zuwendung und Liebe, Sicherheit, Teilhabe und Freiheit oder Kreativität und Müßiggang. Wachstum ist laut Raworth also nur so lange nötig, bis diese Voraussetzung erfüllt sind und die Ökonomie gesund gewachsen ist und blüht.

Die Sitzung war eine meiner liebsten der Reihe, denn ich habe ganz viele neue Denkanstöße bekommen. Ich beschäftige mich persönlich viel mit Umweltthemen und den bewussten Verzicht auf gewisse Dinge, allerdings hatte ich den Aspekt des persönlichen Wachstums noch nie mit einbezogen. Leider war dies auch schon die letzte inhaltliche Sitzung, die Monate gingen sehr schnell vorbei und ich hatte viel Spaß und konnte einige neue Einblicke gewinnen. Im August werden wir uns nochmal alle digital zusammentreffen, die Themen Revue passieren lassen und die Schulung gemeinsam auswerten.

Wenn ihr euch weiter mit dieser Thematik auseinandersetzen wollt, könnt ihr diese Buchtipps von den Teilnehmer:innen beherzigen:

Kate Raworth: Die Donut-Ökonomie - Endlich ein Wirtschaftsmodell, das den Planeten nicht zerstört

Yuval Noah Harrari: Eine kurze Geschichte der Menschheit

Maja Göpel: Unsere Welt Neu Denken

Rutger Bregman: Utopien für Realisten

Autor:in

Rebecca Herber
PR & Friendraising
rebecca.herber@masifunde.de

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